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Zumthor hatte Mitte der 2000er Jahren in Nordrhein-Westfalen mit zwei wichtigen und für sein Werk charakteristischen Bauten für Aufsehen gesorgt: dem erzbischöflichen Diözesan-Museum Kolumba zu Köln (2007 eröffnet) und der ebenfalls 2007 fertig gestellten Bruder Klaus Kapelle in der nördlichen Eifel. Beiden gemeinsam ist nicht nur die sakrale Sphäre, sondern beide waren auch historisch miteinander verbunden.
Bauherrin der Kapelle oberhalb des Dorfes Wachendorf war eine ansässige Bauernfamilie, die „aus Dankbarkeit für ein gutes und erfülltes Leben“ eine dem Schweizer Friedensheiligen Nikolaus von Flüe (Bruder Klaus) gewidmete Kapelle auf ihrem Land erbauen wollte und mit Peter Zumthor in Kontakt trat. Der Schweizer, der damals in Köln seiner großen Bauaufgabe nachging, sagte tatsächlich zu und entwarf für nichts als „Gottes Lohn“ eine Art skulpturales Monument, das aus der kargen Wiesenlandschaft fast wie ein Naturdenkmal herauswächst.
Was Zumthor, der „Mystiker der Architektur“, in die hügelige Wiesenlandschaft setzte, ist nüchtern betrachtet ein zwölf Meter hoher, fensterloser Turm aus sandfarbenem Beton, errichtet auf einem fünfeckigen Grundriss, dessen Spitze nach Südosten weist. Je nach Tageszeit und Lichtsituation düster abweisend oder geheimnisvoll lockend, gibt sich der Bau, dessen Umrisse man erst beim Umkreisen erfasst, erst bei genauerem Hinsehen als Kapelle zu erkennen.
Ein kleines, unscheinbares Metallkreuz hängt über einer dreieckigen Metalltür, die ins Innere führt. Dieses erweist sich als ein enger, höhlenartiger Raum, in den durch eine offene Rundung Tageslicht (oder auch Regen) fällt und der ferner durch zahlreiche kleine Halbglaskugeln erleuchtet wird. Der Raum beherbergt eine filigrane Bronzeskulptur des Heiligen, eine Lindenbank und ein Regal zur Aufstellung von Kerzen.
Markant und für Zumthors naturnahen Ansatz nicht untypisch sind die Wände, die die Strukturen der aufgebogenen Rinde der verwendeten Fichten hervorkehren, um welche der Beton gegossen wurde.
Zumthors Werk ist auch aufgrund der Dauer mancher seiner Projekte nicht so umfangreich wie das vieler Kollegen. Für die Feldkapelle vergingen vom ersten Plan bis zur Fertigstellung fast neun Jahre; die Planung und der Bau von Kolumba dauerte vom Wettbewerb 1996 bis zur Fertigstellung zehn Jahre. Die Akribie und die Liebe zum Detail, die Auswahl geeigneter, oft regionaler Materialien, haben Zumthors Bauten – wie seltenen Unikaten – jedoch weltweit Bewunderung eingetragen.
Spürbar sind seine Ursprünge als gelernter Möbelschreiner und seine zehnjährige Tätigkeit als Denkmalpfleger. 1979 gründete er in Haldenstein bei Chur sein Büro; es folgten Einfamilienhäuser in regionaler Bauweise. Der Durchbruch gelang ihm mit der 1996 eröffneten Therme Vals in Graubünden. Ein Markstein wenig später war das Kunsthaus Bregenz, das Glasschindeln nach Außen und Sichtbeton nach Innen mit einer raffinierten, für die Kunstbetrachtung besonders geeigneten Lichtführung zu verbinden wusste. (Das Haus besitzt im Übrigen eine Sammlung von über 300 Architekturmodellen Zumthors.)
Kolumba markiert vielleicht den Endpunkt dieser sinnlichen und handwerklich greifbaren Architektur, die damals den Stil minimalistischer Einfachheit zum Ausdruck brachte.
Zumthor wurde vielfach mit Preisen geehrt. Als erster ausländischer Architekt erhielt er 2017 den großen BDA-Preis für Architektur. Pünktlich zum 80. Geburtstag wird in den USA das lange geplante und kontrovers diskutierte Los Angeles County Museum of Art eröffnen. Dann soll auch eine filmische Hommage des Schweizers von Regisseur Wim Wenders abgeschlossen sein. Auch der Schweiz bleibt Zumthor treu: Derzeit arbeitet er an der Erweiterung des Museums der Fondation Beyeler in Riehen bei Basel, wo er drei separate Pavillons in einen alten Park setzt. Der selbstbewusste Eidgenosse verspricht auch hier, seinen Prinzipien treu zu bleiben.
Text: Dr. Frank Maier-Solgk