Hamm, Elchstr. 2, Haus Oldemeier, Haupteingangs- und Straßenseite

Hamm, Haus Oldemeier, Ansicht von der Elchstraße

Hamm, Haus Oldemeier, Frontalansicht von der Elchstraße

Hamm, Haus Oldemeier, Seitenansicht zum Garten

Hamm, Haus Oldemeier, Gartenansicht

Hamm, Haus Oldemeier, Gartenansicht frontal

Hamm, Elchstr. 2, Bauplan Schnitt

Wohnhaus Oldemeier

Elchstraße 2, Hamm

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denkmalgeschütztes Objekt

1932

Moderne

August Oldemeier Ernst Mattern

August Oldemeier

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Wohnhaus Oldemeier

Nach einer Reihe Bauaufträgen für Einfamilienwohnhäuser der Mittelschicht hat sich der Architekt August Oldemeier in Hamm schließlich ein eigenes Wohnhaus gebaut. Auf den ersten Blick ist es ein ganz typisches Haus der Moderne, dessen Formensprache ganz eindeutig von den neuesten Entwicklungen im Bauhaus beeinflusst scheint: weiße Kuben, die asymmetrisch zueinander gruppiert den schlichten Zeitgeist verkörpern, nach oben hin abgeschlossen mit dem obligatorischen Flachdach. Doch, weit gefehlt! Bei Oldemeiers Wohnhaus in der Hammer Elchstraße ist manches nicht wie es scheint. Das Flachdach ist gar keins: Hinter hochgezogenen Mauerzungen mit geradem Abschluss verstecken sich geneigte Dachflächen, die zur Mitte des Hauses hin abfallen. Dadurch konnte Wasser vom Dach über ein innenliegendes Fallrohr durch das Haus hindurch abgeleitet werden. Oldemeier strebte damit zwei Ziele an: zum Einen ermöglichte es ihm eine freie Flächengestaltung an den Fassaden. Wo andere Architekten die Fallrohre geschickt zur Gliederung der Wände nutzten, sie teilweise sogar farblich oder durch dezente Ornamente aufwerteten, verzichtete Oldemeier ganz darauf. Zum anderen scheint er dem Flachdach eine ästhetische, aber keine funktionale Wirkung zugestanden zu haben. Durch die Schrägen macht er sich traditionelle Arten der Wasserabführung zunutze, und entgeht dem leidigen Thema feuchter Decken im modernen Hausbau; ein oftmals verschleiertes Problem inmitten der Begeisterung für die neuen Formen der Moderne, hatten doch auch so große Namen wie Le Corbusier ihre liebe Not mit dem Flachdach. Dass ein Architekt der Moderne gerade an seinem eigenen Wohnhaus ein Flachdach nur vortäuscht, entbehrt nicht einer gewissen Komik! Vielleicht sah sich Oldemeier genötigt, mit dem Zeitgeist unter vielen seiner Kollegen gleichzuziehen, schließlich entstand sein Haus 1932 und damit nach den großen Vorbildern anderenorts und nach der 1927 von Paul Schultze-Naumburg zugespitzten „Streitfrage flaches oder geneigtes Dach?“. Vielleicht hatte er sich zuvor zu sehr in den Schatten seiner Büropartner gestellt, von denen er sich erst Ende der 1930er Jahre trennte, um fortan eigene Wege zu gehen. Auffällig ist immerhin, dass seine vorigen Bauten einer weniger extremen Auffassung modernen Bauens folgten. Das stellt ihre Qualität nicht infrage. Einige von ihm errichtete Wohnhäuser sprechen eine klare Sprache des Backsteinexpressionismus, wenn auch mit leisen Tönen ausgehender kaiserzeitlicher Stilpluralitäten.

Davon ist im Haus in der Elchstraße kaum noch etwas geblieben. Mit den weißen Fassaden, den querrechteckigen Fenstern und dem vermeintlichen Flachdach zeigt Oldemeier, was das Neue Bauen kann und will: aufrütteln und demonstrativ für Neubeginn und Modernität einstehen. Das Haus in der Elchstraße ist umgeben von Gebäuden aus dem frühen 20. Jahrhundert. Backsteinfassaden und Walmdächer bestimmen das Bild. Oldemeiers Haus fällt aus dem Raster. Dass er dafür eine Baugenehmigung bekommen hat, war nicht selbstverständlich. Die preußischen Gesetze gegen eine sogenannte Verschandelung des Ortsbildes waren streng, wenn auch oftmals willkürlich. Vermutlich liegt auch hier der Schlüssel zu der Frage, warum Oldemeier eine Fassade des Hauses letztlich anders gebaut als geplant hat: im Bauplan ist die südliche Fassade eine gleichmäßige weiße Fläche mit vier einheitlichen Fenstern. Das gebaute Haus unterscheidet sich aber davon, indem der Wand in den Fensterachsen flache Risalite aufgelegt wurden. Die Fassade wirkt dadurch sehr viel bewegter, aber auch traditioneller.

Oldemeier scheint ein Architekt zwischen allen Stühlen gewesen zu sein. Zwei Jahre später errichtet er neben seinem eigenen Wohnhaus ein weiteres Haus: Backstein, Bauschmuck, Walmdach und die symmetrische Fassade lassen nicht erahnen, dass die Hausnummern 2 und 4 vom selben Architekten gebaut wurden.

 

Autor*in: Dr. Viviane Taubert, Dr. Stephan Strauß (Strauß Fischer Historische Bauwerke, Krefeld/Bremen), im Auftrag der LWL-DLBW
Zuletzt geändert am 22.04.2020

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