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Am Rande von Grieth liegt auf dem Rheindamm eine lange unentdeckt gebliebene Perle des Neuen Bauens: das Privatwohnhaus des Ölmühlenbesitzers und Kaufmanns Ludwig Haan. Der rückwärtige Teil des aus drei versetzten und in der Höhe gestaffelten Kuben bestehenden Hauses grenzt im Nordwesten an ein Lagergebäude der ehemaligen Ölmühle, während es sich nach Osten durch den runden Erker im Erdgeschoss optisch verschmälert. Über dem Erker liegt im Obergeschoss ein ebenfalls abgerundeter Balkon mit ursprünglich wohl in maritimem Blau gestrichenem Geländer. Der südlich an der Straßenfront liegende Eingang und das Treppenhaus mit rundem Bullaugen-Fenster befinden sich im höchsten Baukörper, der Assoziationen an die Kommandobrücke eines Dampfers weckt – wo lägen die im Neuen Bauen so beliebten Schiffsmotive näher als an diesem Ort? Auch im Grundriss ist das Wohnhaus ganz auf den Rhein bezogen: Das übereck gestellte Fensterband im Speisezimmer ermöglicht ebenso wie das große Erkerfenster des angrenzenden Herrenzimmers einen ungehinderten Ausblick in die Rheinebene.
So wie das Haus Haan im Kontext der Griether Architektur ein Solitär ist, so fällt es auch im Werk von Mathieu Janssen aus dem Rahmen: Der 1880 geborene, vorwiegend in Goch und Kleve tätige Architekt, Entrepeneur, Erfinder und Schatzsucher bediente sich meist einer traditionellen Formensprache und legte zugleich Wert auf zeitgemäße funktionale und hygienische Standards – ein Haus Janssens im Internationalen Stil ist allerdings nicht bekannt. Obgleich alle Pläne für das Haus am Griether Schifferdamm allein von Mathieu Janssen als Architekten unterzeichnet sind, stellt sich ein leiser Zweifel ein, ob nicht vielleicht doch ein anderer der Entwerfer des Hauses gewesen sein könnte. Und tatsächlich soll nach mündlicher Überlieferung durch die Ehefrau des Bauherrn, der möglicherweise selbst Beziehungen in Klever Künstlerkreise hatte, Alfons Mostertz aus Kleve der Architekt gewesen sein. Auf seinen Vorschlag hin seien für die Wände „Bauhaus-Tapeten“ verwendet worden. Auch die noch in den 1990er Jahren erhaltene Einbauküche sowie weitere Einrichtungsdetails dürften eher den Vorstellungen Mostertz‘ entsprochen haben. Möglicherweise hatte er sich als Mitarbeiter Janssens einen Namen gemacht, bevor er sich in Kleve als selbstständiger Architekt niederließ – und sich 1931 am Bleichenberg, unterhalb der Schwanenburg ein Wohnhaus baute, das durchaus Parallelen zur Griether Villa Haan aufwies.
Das in den 1990er Jahren noch in ausgezeichnetem Zustand befindliche Haus am Schifferdamm war aufgrund mangelnder Substanzpflege lange akut gefährdet. Seit 2023 wird es nun von Grund auf saniert.
Autor*in: Birgit Gropp
Zuletzt geändert am 08.10.2024
3 Kommentare / Kommentar verfassen
Lutz Kühnen schrieb am 06.12.2024 um 13:38
Es freut mich mitteilen zu können, dass bis Ende 2024 eine sehr informative Webseite (www.haus-haan.de) detailliert über die bewegte und interessante Vergangenheit, die herausfordernde Gegenwart (Sanierung) sowie die erfreuliche Zukunft von Haus Haan berichten wird.
Schauen Sie gerne vorbei!
Gabriella Heinicke schrieb am 18.07.2023 um 00:15
Sehr interessantes Haus! Schade, dass der Eigentümer es verfallen lässt. Sicherlich möchte es jemand kaufen oder mieten.
Lutz Kühnen schrieb am 16.01.2024 um 15:39
Nach über zwölf Jahren intensiver Bemühungen wurde das Haus Ende 2023 endlich verkauft. In den kommenden Jahren wird es kernsaniert werden. Wer sich einbringen möchte ist herzlichst willkommen! Haus_Haan@gmx.de
Kategorien:
Architektur » Wohnbauten » Ein-/Zweifamilienhäuser