Lemgo, Slavertorwall 15, Haus Kleßmann, Eingangsbereich zur ehem. Praxis mit Garage

Lemgo, Slavertorwall 15, Rundungen am Eingang und an der Garage

Lemgo, Slavertorwall 15, Seitenfassade mit ehem. privaten Eingang

Lemgo, Slavertorwall 15, Schrägansicht Gartenseite

Lemgo, Slavertorwall 15, Frontalansicht Gartenseite

Lemgo, Slavertorwall 15, Detail ehem. Privateingang

Haus Kleßmann

Slavertorwall 15, 32657 Lemgo

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denkmalgeschütztes Objekt

1930-31

Moderne

Ernst Pethig

Gustav Kleßmann

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Haus Kleßmann

Westfalen kann mit einer erstaunlich hohen Anzahl an Gebäuden aus der klassischen Moderne aufwarten. Das liegt an dem glücklichen Umstand, dass gerade die ländlichen Gebiete kaum von den Bombenangriffen des 2. Weltkriegs betroffen waren. Tatsächlich wurde in den 1920er Jahren viel gebaut, um auf den Wohnungsbedarf der wachsenden Bevölkerung zu reagieren. Zudem konnten trotz angespannter Wirtschaftslage der Zwischenkriegsjahre einige die Gelegenheit ergreifen, Architekten mit dem Bau moderner Wohnhäuser und Villen zu beauftragen und sich somit als zukunftsgewandte Bürger mit Kunstverstand darzustellen. Der Erste Weltkrieg hatte eine tiefe Kerbe in das kaiserzeitliche Selbstbild und die Selbstverständlichkeit der Bevölkerung geschlagen. Gleichzeitig bot sich nun die Chance auf einen Neubeginn sowohl auf radikale Änderungen im ästhetischen Empfinden als auch in der Gesellschaft. Dass sich der Arzt Gustav Kleßmann vom Lemgoer Architekten Ernst Pethig ein neues Wohnhaus mit angegliederten Praxisräumen bauen ließ, sagt nicht zuletzt auch etwas über seine Haltung als Mediziner aus. Die klaren Formen des Neuen Bauens ließen sich gut in Einklang bringen mit hygienischen Bedingungen in der Medizin. Während bislang Untersuchungen in Hausarztpraxen stattfanden, die Wohnstuben ähnelten, standen fortan geflieste Räume, Linoleumböden und weiße Wände für ein hygienisches weil pflegeleichtes Ambiente. Dr. Kleßmanns Haus, bei dem auch die Frau des Bauherrn die Gestaltung beeinflusste, signalisiert das schon von außen: Ein weiß verputzter Kubus wird durch einen flachen Garagenvorbau und dezente Bauornamentik in Form von flachen Gesimsen sowie Traufkanten aufgelockert. Ob die heutigen rot gestrichen Akzente an den Fensterrahmen und Garagentorbeschlägen original sind, ist nicht bekannt. Bezeichnend für das Gebäude ist der Umstand, dass man sich von der Straßenseite her einer Eingangsseite nähert, die den Zugang zur Praxis ermöglichte. Die privaten Räume werden über den Eingang an einer anderen Hausseite erschlossen. Das Haus wurde also für einen regen Patientenverkehr geplant. Von der Auffahrt her leiten zwei gerundete Ecken den Weg zur Tür, die etwas unterhalb des Auffahrtsniveaus liegt. Das große Fenster oberhalb des Eingangs lässt durch seine Mattglasstruktur nur schemenhaft erkennen, wenn sich dahinter jemand im Treppenhaus bewegt. Ein cleveres Mittel um die Privatsphäre der Bewohner zu wahren, und gleichzeitig eine großzügige Belichtung der Nordseite des Hauses zu gewährleisten. Ein zweiter Blick lohnt sich auch bei der Gestaltung der Gebäudeecke im oberen Geschoss: Die Form des liegenden Rechteckfensters wird zur Ecke hin in einem glatt verputzten Streifen weitergeführt. Auf der anderen Gebäudeseite setzt sich dieser glatte Putzstreifen fort, und mündet schließlich wiederum in einem Fenster. Dazwischen gliedert ein senkrechtes Fallrohr diesen Wandabschnitt. Dr. Kleßmanns Haus am Slavertorwall beeindruckt durch seinen Formenreichtum, der gleichzeitig nichts von der Schlichtheit und Sachlichkeit überdeckt, die das Haus nach damaligem Verständnis ausstrahlt. In Lemgo ist es zudem nicht das einzige Haus, das Ernst Pethig gebaut hat. Nicht weit entfernt, in der Schützentwete, stehen zwei weitere Wohnhäuser, die jedoch mit ihren symmetrischen Fassaden und den Walmdächern sehr viel traditioneller wirken. Da verwundert es fast, dass sie trotzdem erst nach dem Haus von Dr. Kleßmann errichtet wurden. Lediglich in Einzelformen setzen sich dort gestalterische Ideen des Neuen Bauens durch, die Pethig im Haus Dr. Kleßmann so dominant präsentierte. Die einzelnen Bauten Pethigs zeigen sehr schön, wie unterschiedlich Architektur ausfallen kann, sei es durch individuelle Vorstellungen des Bauherren oder durch die Lust an der Variation unterschiedlicher Gestaltungselemente von Seiten des Architekten.

Autor*in: Dr. Viviane Taubert, Dr. Stephan Strauß (Strauß Fischer Historische Bauwerke, Krefeld/Bremen), im Auftrag der LWL-DLBW
Zuletzt geändert am 09.08.2022

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Kategorien:
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